Mehrere Städte in Nordrhein-Westfalen planen einen bemerkenswerten Kurswechsel bei der Finanzierung ihres Rettungsdienstes. Erstmals sollen Bürgerinnen und Bürger Rechnungen für Einsätze erhalten, bei denen der Rettungswagen zwar ausrückt, der Einsatz jedoch nicht in einem Transport ins Krankenhaus endet. Damit reagieren die Kommunen auf wachsende finanzielle Belastungen und eine zunehmend angespannte Haushaltslage.
Immer mehr Einsätze ohne Transport und ohne Kostendeckung
Der Anteil sogenannter Fehlfahrten ist in den vergangenen Jahren spürbar gestiegen. In vielen Fällen reicht eine Behandlung am Einsatzort aus, oder die betroffene Person kann zu einer Arztpraxis weiterverwiesen werden. Nach Angaben der Kommunen betrifft das inzwischen rund jeden fünften Alarm. Diese Einsätze verursachen hohe Kosten, werden aber von den Krankenkassen nur dann vollständig übernommen, wenn ein Transport ins Krankenhaus erfolgt.
Was lange Zeit durch Vereinbarungen zwischen Städten und Kassen mitfinanziert wurde, soll nun neu geregelt werden. Die Krankenkassen wollen Fehlfahrten nicht mehr pauschal in ihre Erstattungen einbeziehen. Für viele Kommunen entsteht dadurch eine wachsende Lücke zwischen den tatsächlichen Kosten des Rettungsdienstes und den Einnahmen.
Beispiel Stadt Essen: Neue Gebührenordnung ab 2026
Die Stadt Essen gehört zu den ersten Kommunen, die konkrete Schritte einleiten. Ab 2026 sollen Patientinnen und Patienten bei solchen Einsätzen einen Eigenanteil zahlen müssen. Berechnungen der Stadtverwaltung zeigen, dass ein Rettungswageneinsatz künftig zu rund einem Viertel privat zu tragen wäre. Auch einfache Krankentransporte würden nicht mehr vollständig erstattet.
Betroffene müssten die Rechnungen zunächst begleichen und anschließend bei ihrer Krankenkasse die Erstattung des Kassenanteils beantragen, ein Verfahren, das zusätzlichen Aufwand bedeutet und für manche zu finanzieller Unsicherheit führen dürfte.
Kommunale Warnung vor Millionenlöchern
Städtevertreter sehen die Ursache der Misere in starren bundesrechtlichen Vorgaben. Die Finanzierung des Rettungsdienstes orientiert sich rechtlich am klassischen Transportfall. Moderne Einsatzrealität, deutlich mehr Hilfeleistungen ohne Krankenhausfahrt, spiegelt dieses System kaum wider. Dadurch ergeben sich für die Kommunen finanzielle Risiken, die teils in die Millionen gehen.
Besonders Städte, die ohnehin unter strengen Sparauflagen stehen, erklären, dass sie die entstehenden Defizite nicht mehr auffangen können. Der Ruf nach einer Neuverhandlung zwischen Land, Kommunen und Krankenkassen wird entsprechend lauter.
Sorge vor einem Vertrauensverlust
Neben der finanziellen Frage treibt die Kommunen eine weitere Sorge um: Bürgerinnen und Bürger könnten künftig zögern, im Notfall den Rettungsdienst zu rufen, weil sie eine Rechnung fürchten. Schon jetzt diskutieren Experten, wie sich dieses Spannungsfeld zwischen Kostendruck und Versorgungssicherheit auflösen lässt.
(Unterstützt durch KI, Foto: Symbolbild / nrw-aktuell.tv)
